Dienstag, 11.04.2017, 18.00 Uhr Ortszeit. Der große Tag ist gekommen, die Jungbauern bekommen ihren Acker.
Pünktlich um kurz nach 5 machen sich Manfred, Mathilda, Emma und ich mit dem Radl auf von unserem zu Hause zum nur 5 Radlminuten entfernten Acker... Dachten wir.
Aber da haben wir nicht mit Emmas kleinen Beinchen gerechnet. Kleine Beinchen, die gegen fiesen Splitt, in den sich die Räder eingraben, ankämpfen müssen! Wie gemein!
Eine reine seelische Qual waren jedoch die letzten 500 Meter.
Wir biegen um die Ecke, ganz hinten am Ende des langen Ackerweges sehen wir unser Grundstück in der Sonne liegen. Das gelobte Land. Und wir sehen, wie sich mehr und mehr Menschen dort versammeln und bereits mit Stöcken ihr Grundstück in Besitz zu nehmen versuchen... Schnell, lasst uns unseren ausgeguckten Bereich sichern bevor es zu spät ist!
Doch genau dieser Ackerweg ist es, das Emmas kleine Beine an den Rand der Verzweiflung bringt. Immer wieder müssen wir anhalten weil es zu anstrengend ist, immer wieder schieben wir sie an und es geht ein paar Meter weiter... Nach jeden Stop sieht man mehr Menschen auf den Acker strömen und sich die besten Plätze herauspicken.... Welch Tortur! Ich will lossegeln, fliegen, und den nächstbesten Stock in die weiche Ackererde rammen, auf dass sie für ewig (oder zumindest die nächsten Monate) MEIN sei!!! Wie hieß nochmal dieser Film mit Nicole Kidman aus den 90ern, wo sie um das beste Ackerland im wilden Westen um die Wette rennen? GENAU so fühle ich mich!
Doch ich stehe zu meiner Tochter, hier ist es nicht weniger dramatisch als vorne bei den Spitzenreitern um das fruchtbarste Stück Land. Meter für Meter kämpfen wir uns vorwärts, Räder, Zähne und kleine Knochen knirschen, die Köpfe sind hoch rot... Doch gemeinsam erreichen wir alle 4 schließlich das ersehnte Grundstück. Und da steht er, der rettende Engel in Frauengestalt. Mit blondem, in der Sonne glänzendem und im Wind wehendem Haar steht sie vor uns. Simone war vor uns angekommen und hatte unser perfektes Stück gesichert. Eine Parzelle bestehend aus 3 Bifängen. So können die Kinder immer in den Wegen zwischen unseren beiden Bifängen herumlaufen und treten unsere Arbeit kaputt, und nicht die der Nachbarn. So zumindest der Plan. Nein, ich falle nicht auf die Knie und küsse tränenüberströmt die Erde, meine Erde. Denn noch ist sie nicht wirklich unser. Ich lächle stattdessen freundlich und friedlich meinen Konkurrenten zu. Contenance bis das Stück wirklich uns gehört. Wie es sich für eine Dame geziemt.
Nun beginnt das große Warten. Zunächst auf die Bäuerin, die eine kurze Ansprache hält. Dann spricht kurz eine Dame vom Bayerischen Rundfunk, die mit ihrem Team hier eine Parzelle gepachtet hat und diese filmerisch über das Jahr begleiten möchte. Sie freue sich über jeden, dessen Acker mit auf das Bild wolle und der Lust habe ein paar persönliche Geschichten rund um den Acker vor der Kamera zu erzählen. Simone neben mir scheint begeistert, ich nicht so. Ich werde meine Kamerascheu einfach nicht los, trotz meiner Begeisterung für 90er Jahre Western mit Nicole Kidman...
Dann warten wir auf den Bauern, Herrn Offenbeck, der stilecht in Gummistiefeln mit seinen ebenso stilechten Bauernkindern ankommt und auch eine kurze Ansprache hält. Dann verkündet die Bäuerin, dass wir ganz hinten bei den längsten Bifängen anfangen die Parzellen zu vergeben. Eine kleine Horde trottet mir ihr mit und ich muss erschrocken feststellen, dass sie und Herr Offenbeck nun damit beginnen, feierlich jede einzelne Furche zu weihen, indem sie den Namen desjenigen, der sich für diese Parzelle meldet, auf ein Stück Holz schreiben und höchstpersönlich in den fruchtbaren Boden schlagen. Da texte ich Michi (mit dem wir uns um halb 7 zum Essen treffen wollen) zum ersten Mal, dass es wohl länger dauern wird. Es ist nämlich bereits fast halb 7 und wir sind noch einige -viele- Meter von unserem Abteil entfernt.
Ich bin jedoch beruhigt als ich sehe, dass das ganze dann doch sehr flüssig läuft. Manfred bespielt die Kinder und lässt sie ganz am Anfang der von uns auserkorenen Bifänge bereits etwas buddeln.
Dann kommt das Bauern Gespann zu dem Teil, wo man sich einen halben Bifang mit dem Nachbarn teilen müsste. Das will aber keiner. Wie im klassischen Sketch tritt die Reihe der Wartenden einen Schritt zurück, als die erste dieser Parzellen ausgeschrien wird. Ich schlendere zu den anderen an unserem gelobten Ackerland, wir ratschen ein bissl und freuen uns. Als ich mich wieder umschaue, stehen sie immer noch an jener Parzelle. Ich ratsche weiter. Es ist viertel vor 7. Mein Handy surrt. Michi: "Ich fahre jetzt einfach mal los." Hinter mir höre ich eine schrille Bäuerinnenstimme: "Wir müssen jeden Bifang vergeben, wenn sich hier keiner meldet, dann mache ich nicht weiter!" Sie verkreuzt die Arme wie ein Schulkind. Es meldet sich immer noch keiner.
Ich tippe hektisch: "Michi, es kann WIRKLICH noch dauern, komm doch einfach hierher und wir fahren zusammen zum Sportheim wenn wir endlich durch sind."
Ich kürze das Ganze für Euch hier ab: Ein paar Wenige melden sich zu guter Letzt für die ungeliebten Parzellen, es gibt mehrfache Rechenverwirrung im Bäuerinnenhirn bei der Verteilung, sie fragt mehrfach ab wer alles da ist und droht die restlichen ungeliebten Parzellen an die Abwesenden zu verteilen. Dann fällt ihr aber auf, dass diese dann ja gar nicht wissen, dass sie sich einen Bifang mit dem Nachbarn teilen müssen, also versteift sie sich wieder auf ein hilfloses vor einer Parzelle stehen bleiben und trotzen. Der Bauer ruft aus, dass der Beste Boden an eben jeder Stelle sei. Auch das hilft nicht. Schliesslich lassen sie ENDLICH und nach mehrfachem gutem Zureden ein paar Parzellen ohne Besitzer und kommen schließlich vollkommen entnervt bei uns an. Uns keinen wirklichen Blickes würdigend, klatscht sie unseren Namen (falsch geschrieben) auf den Holzblock und stapft weiter. Das war er, der historische Moment!
WIR HABEN UNSEREN ACKER!!!!
Und zwar genau den, den wir haben wollten. Genau in der Mitte des Feldes, halb sonnig, halb schattig. Die Kinder sind happy, wir erleichtert. Und da erscheint mein Mann am Wegesrand, was mein Herz noch höher schlagen lässt. (Schließlich hatte er, müde von meinen diversen und schnell wechselnden Projekten, geschworen diesen Acker NIEMALS! zu betreten). Egal, ich freue mich.
Wir lassen die Kinder noch schnell ein paar Blümchen säen, eine bunte Samen Mischung namens "Bienenschmaus". Und als die Bäuerin panisch wie ein aufgescheuchtes Huhn wieder an den ungeliebten Parzellen neben uns herumlamentiert, treten wir taktisch geschickt und schnell den Heimweg an. Nicht dass sie an unserer Parzelle noch was ändert.
Gottseidank haben wir es trotzdem geschafft, vorher noch ein glorreiches Jungbauern Foto vor unserer Furche zu schießen!
Wir sind ganz stolz und ganz aufgeregt, jetzt kann es losgehen.
Simone, Mathilda, Michi, Emma und ich feiern diesen denkwürdigen Tag noch bis 9 Uhr im Sportheim bei Wein, Scaloppina Primavera und nein, nicht Gesang sondern viel Ratsch. Schee wars. :)
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